Monatsschr Kinderheilkd Epilepsie 2001 · 149:1174–1179 Springer-Verlag 2001 G. Gross-Selbeck · Kinderneurologisches Zentrum Düsseldorf Derzeitige Behandlungs- strategien bei Anfällen und Epilepsien im Kindesalter Zusammenfassung
angestellt werden. Die idiopathischen (so
scher Möglichkeiten hat andererseits die
genannten „benignen“) fokalen Epilepsien
In den letzten Jahren sind in der Pharma-
Epilepsien v. a. durch die Entwicklung neuer
das Ziel der Therapie nicht nur Anfallsfrei-
Verständnis der Wirkmechanismen der ein-
rung des EEG ist, da offensichtlich eine
zelnen Substanzen bedeutsame Fortschritte
erzielt worden. Darüber hinaus kann vielen
Patienten mit Anfällen fokaler Genese und
resistenz noch durch einen epilepsiechirurgi-
Defizite besteht. Das West-Syndrom und das
schen Eingriff geholfen werden.Vorausset-
zung jeglicher therapeutischer Überlegun-
„Voraussetzung jeder Therapie
sind häufig therapieresistent und erfordern
ist die eindeutige Klassifi-
die eindeutige Klassifikation des Anfallstyps
spezielle epileptologische Kenntnisse. Eine
bzw. des Epilepsiesyndroms. Fieberkrämpfe
kation des Anfallstyps bzw.
noch so gute medikamentöse Therapie wird
stellen keine Indikation für eine Dauer-
jedoch das angestrebte Ziel, nämlich die
Epilepsiesyndroms.“
behandlung dar, sie erfolgt nur bei Beginn
vollständige Integration des Patienten, ver-
einer Epilepsie.Therapie der Wahl bei den
fehlen, wenn nicht begleitend eine adäquate
Epilepsien mit generalisierten Anfällen ist
für alle Altersgruppen Valproat, bei Jugend-
lichen kann im Hinblick auf mögliche Neben-
wirkungen Lamotrigin eine Alternative sein. Schlüsselwörter
Anfällen Phenobarbital und Topiramat, im
Säuglings- und Kleinkindalter auch Brom,
Generalisierte Epilepsien · Symptomatisch/
bei „kleinen“ Anfällen (Absencen, myokloni-
sche und myoklonisch-astatische Anfälle)
Idiopathische fokale Epilepsien · Therapie
neben Lamotrigin das Ethosuximid und Mes-
besonderen bzw. schwierigen Fällen wegen
In den letzten Jahren sind in der Phar- Erwerb des Führerscheins) das Auftre-
Eigenschaften auch Oxcarbazepin, v. a. im
Hinblick auf eine mögliche Kombinations-
zielt worden, v. a. durch die Entwicklung
Prof. Dr. Gunter Gross-Selbeck
kommen Valproat, Sultiam und Topiramat in
Kinderneurologisches Zentrum, Krankenhaus
Betracht. Schon frühzeitig sollten in geeig-
neten Fällen Überlegungen bezüglich eines
1174 Monatsschrift Kinderheilkunde 11•2001 Monatsschr Kinderheilkd 2001 · 149:1174–1179 Springer-Verlag 2001 G. Gross-Selbeck Current treatment strategies for seizures and in epilepsy in children
ist zunächst die eindeutige Klassifikati-
Abstract
on des Anfallstyps bzw. Epilepsiesyn-droms, zumindest die Zuordnung zu
Over the last years the therapy of epileptic
AED and the better knowledge of their phar-
refractory to medication have become sei-
zure-free by epilepsy surgery. Before starting
treatment the classification of seizure-type
and epilepsy syndrome is absolutely neces-
sary.There is no indication for long-time
treatment of febrile seizures, just in the
beginning of epilepsy.Therapy of choice for
all epilepsies with generalized seizures is
valproate, because of side-effects of valpro-
Akutbehandlung
ate lamotrigine may be used alternatively.
Epilepsie bei der Wahl eines für die je-
zur Anfallsunterbrechung
In epilepsy with tonic-clonic seizures pheno-
barbital and topiramate are drugs of second
absences, myoclonic and myoclonic-astatic
lepsien mit generalisierten Anfällen).
mesuximide besides lamotrigine. In patients
Anfälle in der Regel nicht behandelt, je-
with localisation-related epilepsies carbam-
gegeben, sie führt in 90% der Fälle zum
azepine is most efficacious; in severe cases
und besonders für die häufigsten Anfäl-
sind die Erfolgsaussichten geringer. Falls
with regard to combination with other AED.
der Anfall nach 5 min nicht sistiert, kann
Further drugs should be valporate, sulthiame
and topiramate. In severe cases you should
Therapie der Fieberkrämpfe
werden. Gleichzeitig sollten Vorbereitun-
involve monitoring for epilepsy surgery at an
early stage.The idiopathic (“benign”) partial
epilepsies should be treated with sulthiame
den Anfall mittels intravenöser Gabe von
or further with valproate and clobazam.
Diazepam (0,25–0,5 mg/ kg KG) oder Clo-
In these patients the intention is to get the
normalizing or improving the EEG. Evidently
darunter nicht sistiert, muss die weitere
there is a relationship between the extent of
folgen. Parallel zur Anfallsbehandlung ist
mentös, physikalisch) erforderlich.
thies of (multi-) focal origin and in most
cases are drug-resistant. A successful drug
bis zum 7. Lebensjahr 3–4% [8] und liegt
Prophylaxe von Fieberkrämpfen
therapy will not be sufficient unless it is
tungszeit etwas höher. Kinder mit einfa-
Keywords Grundsätzlich gilt, dass Fieberkrämp-
des Epilepsierisikos führt. Fieberkrämp-
Treatment · Febrile seizures · Generalized
fe keine Indikation für eine Dauerbe-
fe, die später in eine Epilepsie überge-
epilepsies · Localisation-related epilepsies ·
handlung darstellen. Eine Dauerbe-
Idiopathic (“benign”) partial epilepsies
handlung erfolgt nur bei Beginn einer Epilepsie. Monatsschrift Kinderheilkunde 11•2001 | 1175 Epilepsie Tabelle 1 Therapiestrategie bei idiopathischen Epilepsien mit generalisierten Anfällen Therapiestrategie 1. Schritt 2. Schritt Schritte
eines Fieberkrampfes durch die inter-mittierende Diazepamprophylaxe von
Frühkindlich Grand mal PB/PRM, LTG (?),TPM (?) Absencen Myoklonisch-astatische Anfälle MSX, LTG, ACTH
nen Akutbehandlung eines Anfalls, d. h. die Verabreichung von Diazepam Rek-
Schul-/Jugendalter Grand mal PB/PRM,TPM
gen, auch bei bereits zuvor erfolgter Pro-
Pyknolepsie Juvenile Absencen Juvenile myoklonische Epilepsie ESM, PRM,TPM Epilepsien VPA Valproat, PB Phenobarbital, PRM Primidon, LTG Lamotrigin, TPM Topiramat, ESM Ethosuximid, mit generalisierten Anfällen MSX Mesuximid
Therapie der Wahl bei den Epilepsienmit generalisierten Anfällen ist für alleAltersgruppen Valproat (Tabelle 1). Vor
Wichtig ist es, die Eltern in der Hand- habung des rektal zu verabreichenden Diazepams anzuweisen, um bei Be-
(z. B. Appetitsteigerung) oder bei Über-
deutung, als es damit keine rationale Be-
darf, d.h.beim Auftreten eines Fieber- krampfrezidivs, entsprechend vorbe- reitet zu sein.
fen gibt, wie sie vielfach noch erfolgt. So-
schehen als „Fieberkrampf“ – ob einfach
oder kompliziert – einzuschätzen ist, ist
geworden. Die Erfolgsquote, d. h. das Er-
reichen von Anfallsfreiheit, ist abhängig
gen treten Müdigkeit, Ataxie und – we-
niger häufig – auch Irritabilität auf,
tal und Lamotrigin, bei „kleinen“ An-
wird man sich auf möglichst frühzeitige
uximid Mittel der 2. Wahl (Tabelle 1). In
tion Valproat/Lamotrigin oder – v. a. bei
„kleinen“ Anfällen bzw. bei kombinier-
rasch ansteigen. Die Effektivität der An-
sche der Eltern berücksichtigen wird.
Rezidivs zu leben, die jeweiligen geogra-
1176 Monatsschrift Kinderheilkunde 11•2001 Tabelle 2 Therapiestrategie bei Epilepsien mit fokalen Anfällen
gen als Nächstes die Gabe von Topira-mat, wobei auf Nebenwirkungen im ko-
Epilepsien 1. Schritt 2. Schritt Weitere Schritte
gnitiven Bereich, v. a. auf eine Beein-trächtigung der Gedächtnisleistungen
Kryptogene/symptomatische Epilepsien CBZ OCBZ +VPA, Prächirurgisches Monitoring (einfach, komplex, mit sekundärer ST,TPM, DPH, PB/PRM MSX, Generalisierung) Idiopathische Epilepsien Dexamethason (pulsatil),
gessen sollte man das Sultiam, das ja bei
West-Syndrom (BNS) Vitamin B6, VPA, ACTH,
großen Vorteil, dass man bereits inner-halb weniger Tage Aussagen über den
Lennox-Gastaut-Syndrom LTG, MSX, Steroide CBZ Carbamazepin, OCBZ Oxcarbazepin, VPA Valproat, LTG Lamotrigin, ST Sultiam, TPM Topiramat, DPH Diphenylhydantoin, PB Phenobarbital, PRM Primidon, MSX Mesuximid, LEV Levetirazetam, VGB Vigabatrin, FBM Felbamat
gelnder Datenlage noch keine Aussagengemacht werden, erste eigene Erfahrun-gen stimmen zuversichtlich, jedoch ist
sogar eine protektive [2], diesbezüglich
insgesamt besser verträglich ist und hö-
Idiopathische fokale Epilepsien
gel bis maximal 20 µg/ml zu erreichen.
„benignen“) fokalen Epilepsien zählen
„Frühzeitig Möglichkeit
ten, z. B. Gedächtnisfunktionen hat, was
eines epilepsiechirurgischen
Kindern nur schwer zu überprüfen ist. Eingriffs prüfen.“
Epilepsien kontraindiziert, sie sind nicht
sleep (CSWS), ferner die sehr viel selte-
Symptomatische und kryptogene fokale Epilepsien
tion nicht absenkt.Bereits zu diesem Zeit-
gibt es fließende Übergänge von der Ro-
initiiert werden mit der Frage, ob für den
Patienten ein epilepsiechirurgischer Ein-
griff in Betracht kommt. Bei nicht zu er-
reichender Anfallsfreiheit unter der Kom-
Veränderungen und dem Auftreten bzw.
30–70% der Patienten Anfallsfreiheit zu
erzielen ist. Die erheblichen Differenzen
der Regel gut verträglich, die beiden Sub-
Monatsschrift Kinderheilkunde 11•2001 | 1177 Epilepsie
zen. Bisher ist jedoch nicht erwiesen, in-
brechen oder bei Erfolg in größeren In-
Störungen in der Prä-, Peri- und Postna-
der positive Effekte im EEG erzielt, ins-
strat bis jetzt nicht bekannt ist, für die
West-Syndrom
auch Mesuximid in Betracht (Tabelle 2). Bei erheblichen EEG-Veränderungen, insbesondere beim Vorliegen eines CSWS, behandeln wir immer, wobei die Erfolge häufig wenig zufrieden stellend sind. Sind die EEG-Verände-
sätzlich zu belasten. Allzu oft wird gera-
rungen weniger ausgeprägt, begin- nen wir mit der Behandlung erst dann,
stellung in den ersten 3 Tagen Vitamin B6
„vergessen“, ein nicht mehr oder nur un-
wenn sich zusätzlich zum EEG-Befund
in hoher Dosierung (100–200 mg/ Tag). neuropsychologische Defizite nach-
der aus der Therapie herauszunehmen. weisen lassen. Dies bedeutet, dass be-
Darüber hinaus gilt besonders für diese
troffene Kinder einer eingehenden neuropsychologischen Diagnostik un-
patienten, dass sich Therapie nicht allein
terzogen werden müssen.
schaftlich gesicherten Daten vorliegen. Allgemeine Aspekte der Behandlung
nachlässt (Toleranzeffekt). Mittel der 2.
können – in dieser Zeit können die zur
Ätiologie und im Hinblick auf eine even-
lung ist – wie eingangs schon betont –
Epilepsieformen nicht selten zu einer er-
entsprechen – nicht mehr in allen Fällen
zu einem frühen Zeitpunkt empfohlen.
pie 1. Wahl erfolgt der Übergang auf ei-
– im Hinblick auf evtl. Interaktionen ein
Lennox-Gastaut-Syndrom
kinetischen Eigenschaften wählen ( z. B.
versuchen wir, die Intervalle zu vergrö-
ßern, um, wenn möglich, über eine län-
bleiben. Ist keine Besserung eingetreten,
1178 Monatsschrift Kinderheilkunde 11•2001 Literatur
figkeit richtet sich nach der Art und der
Epilepsiesyndrome – Therapiestrategien.
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partial epilepsies of childhood, including
gels nur erforderlich ist bei Verdacht auf
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Nicht-medikamentöse Therapie
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sorglichkeit („overprotection“), die zu
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strategien beschränken, das gilt ganz be-
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tung kann ich nicht übernehmen“). Die-
Stuijvenberg M van, Jansen NE, Steyerberg EW,
Derksen-Lubsen G, Moll HA (1999) Frequency
wie vor gilt sie für viele als unheilbar,
of fever episodes related to febrile seizure
Wong M,Trevathan E (2001) Infantile spasms. Pediatr Neurol 24: 89–98
tion gerät, mit den sich daraus ergeben-
rende Gespräche mit allen für die Ent-wicklung des Kindes verantwortlichenPersonen solche Ängste und Vorurteileabzubauen. Geschieht dies nicht, wird ei-ne noch so gute Pharmakotherapie dasangestrebte Ziel, nämlich die vollständi-ge Integration, letztlich verfehlen. Monatsschrift Kinderheilkunde 11•2001 | 1179
Drug Interferences in Clinical Analyses P R E V E C A L D E P A R T M E N T TRIGLYCERIDES T his is the first in a series of Bulletins on the account a patient’s clinical history as well as their currentinterferences caused by drugs in clinical trails that thestate of health, since underlying illnesses may affectPrevecal Department at BioSystems is going to issue forlaboratory
Documented below is published medical research from a variety of sources, both in Australia and around the world, into various properties that have been attributed to Emu Oil. Traditional Usage. It is well documented that the Australian Aborigines have used Emu Oil both topically and internally for thousands of years. The use of Emu Oil as a topical emollient was first recorded by G. Bennett, "