Sand am meer

geführt haben. So fand ich in der Anthologie Grab-Epigramme, dienoch vor dem toten Dichter warnen. Frei übersetzt etwa so: Erster Teil. Für Hubert Fichte zum 50. Geburtstag aus: Schreibheft, Zeitschrift für Literatur, Nr. 25, März 1985 Gut, Wespenstachel, das kann ich auch. Aber was ist mit der Nachti-gall? nesting in my handsEr singt das herzerweichend, so, daß sich beim Rasieren die Barthaare And you know that there’s a hunger there and I love to spend the Catskill spring oooooo, feel the fluttering wings upon my begging lips and you know that there’s a hunger there Diese ooo sind keine Nullen, sondern gesungene, fast gejaulte Os.
Man kann sich das in einer Literatursendung des Saarländischen Rund-funks anhören oder von einer Tonkassette, die Wolfgang Mohrhenn in Das Verlangen, die Nachtigall anzulangen, teile ich. Ich begann mich seinem S-Press Verlag herausgebracht hat. Lieder für Leier & Sprech- ein zweites Mal für diesen Archilochos zu interessieren, dessen ge- krawatte heißt die Textsammlung von Ed Sanders, die Wolfgang mischten Nachruhm ich bisher nur aus der Griechischen Anthologie Mohrhenn zweisprachig im Verlag von Michael Kellner vorlegt. Archi- kannte: Dort gilt er als einer, der die Gabe der Musen feindlich miß- lochos ist das erste Lied darin. Es beginnt so: braucht habe, etwa als Waffe gegen seinen wortbrüchigen Schwieger- There used to be a poet named Archilochus vater Lykambes, der des Archilochos Braut Neobule einem reicheren Freier zur Frau gegeben hatte. Die poetische Rache des Archilochos Oh there’s nothing of his poetry now soll zum Selbstmord des Lykambes und seiner geschmähten Töchter arnfrid astel, archilochos… (erster teil) Margs Übersetzungen. Ich will das nicht verkleinern. Aber es ist nicht das, was die zerbrochene Weit wieder ganz macht. Über den Wespen- stachel in der Anthologie griechischer Epigramme, die ich seit zwan- zig Jahren in der zweisprachigen Ausgabe von Beckby lese, komme ich von Archilochos (680-640 etwa) zu Hippónax (um 550). Marg zitiertihn in der Übersetzung von Fränkel, eine Seite, vier Fragmente. Das ist In der ersten Nummer seiner Zeitschrift Fuck You schrieb Ed Sanders eine heiße Spur. Sie führt mich zu Hermann Fränkel: Dichtung und 1962 in New York: »Fuck You tritt ein für Pazifismus, unilaterale Philosophie des frühen Griechentums. Ich kaufe mir den 1976 erschie- Abrüstung, nationale Verteidigung durch passiven Widerstand, multi- nenen Nachdruck der dritten Auflage im Münchener Beck Verlag.
laterale nichtdiskriminierende Vereinigung aller Öffnungen und Vier Seiten über Hipponax, dreiundzwanzig (!) über Archilochos, gut Löcher, Anarchismus, weltweiten Föderalismus, öffentlichen Unge- und reich in eigener Übersetzung belegt. Der Fränkel ist wirklich zu Wolfgang Mohrhenn wollte in der »Nachtigall« kein Geschlechtsteil »Die Wirkungen des erotischen Triebes beschreibt Archilochos mit sehen. Ich machte mich allein auf den Weg, las zuerst die Fragmente, derselben Direktheit wie alles andre. Ungescheut redet er von seiner die Walter Marg in seiner Reclam-Ausgabe Griechischer Lyrik versam- Brunst (Fgt. 72) oder Erschlaffung (Fgt. 34).« Aha. »Ungescheut«! Aber warum nicht auch Fränkel? Er nennt die Nummern (nachDiehl!), zitiert sie aber nicht. Wo bin ich hingeraten mit meinem Ver- Auf Seite 11 zitiert er »fünf Bruchstücke mit erotischem Inhalt« in eige- ner Übersetzung. »Andere« – die er nicht zitiert – »sind von großerDerbheit.« Warum sagt er das? Warum zitiert er sie nicht? Zitiert wird Viel zu spät entdecke ich die zweisprachige Archilochosausgabe von nach Diehl. Ernst Diehl: Anthologia Lyrica Graeca, Leipzig: Teubner, Max Treu. Sie ist 1959 in der Tusculum-Reihe des Heimeranverlags 2. Auflage 1936-42 »(hier bezeichnet mit einem D hinter der Fragment- erschienen. Ich kaufe mir die zweite verbesserte Auflage von 1979. Ver- zahl)«. Das ist mein Buch! Ich gehe zu den Altphilologen in Saarbrük- bessert um den sensationellen Fund von 1974 in Köln: Aus Mumien- ken. Aber der Diehl ist ein Massengrab griechischer Poesie, nichts ist kartonage, Papyrus, waren fünfunddreißig Verse einer Liebeshand- übersetzt, und für die Originale reicht mein Schulgriechisch nicht.
lung zu entziffern. »Da ist eine weibliche Person Gesprächspartnerin Selbst die Nachtigall muß ich im Lexikon nach»schlagen«. Da ist sie: des Dichters,« – sagt Treu – »von ihm als Tochter der Amphimedó apostrophiert und – in einem Blumenbeet – zu einem Petting miß-braucht.« Das sagt der so: »zu einem Petting mißbraucht.« Die Liebes- »One of the greatest of them all« – »to hear some great poetry to make handlung ist zugleich eine Handlung gegen die treulose Verlobte Neo- the world entire«. Nicht daß ich keinen Touch bekommen hätte von arnfrid astel, archilochos… (erster teil) bule. Bevor Archilochos »gern befolgt«, was Amphimedó ihm »nahe- einen Flügel geregt hat. »Andere (Bruchstücke) sind von großer Derb- heit« hatte Walter Marg gesagt. Und Hermann Fränkel: »Ungescheut »Ein andrer Mann mag Neobule frein. 0 weh! redet er von seiner Brunst (Fgt. 72) oder Erschlaffung (Fgt. 34).« Diese Sie wurde feist; des Mädchens Blüte ging dahin. Fragmente kann ich jetzt nachlesen. – Brunst: Der frische Reiz ist fort, der Übermut nur blieb. drauf zu wildem Tun sich stürzen und den Leib an meinen Leib, Der Jugend Grenzen zeigt ein rasend Weib. Zum Kuckuck! Weg mit ihr! Nicht dazu kam ich her, ein solches Weib zu holen mir. Ich würde doch κα πεσε ν δρ στην επ σκ ν κ π γαστρ γαστ ρα den Nachbarn zum Gespött. Ich nehme lieber dich: Du bist nicht treulos, nicht voll Wankelmut. Max Treu erinnert, daß solcher Liebeskampf auf die Struktur wirkli- Sie aber ist recht kühn. Viel Freunde holt sie sich. cher Kampfszenen bei Homer und Hesiod zurückgeht, in denen Ich fürchte, daß sie blinde Frühgeburten wirft »Schild auf Schild« knallt. – Und wie steht es mit der »Erschlaffung«? bei solchem Ansturm. Nun, die Hündin tut das auch.« – Das steht – es ist nicht zu fassen – anstelle der deutschen Überset- So sprach ich. Darauf bog ich auf ein Blumenbeet das Mädchen nieder. Und legt ihr weich sed fracti sunt (mihi) nervi mentulae den Mantel um, und hielt in meinem Arm den Kopf. Wer kein Latein kann, flieht in solchen Fällen in die Anmerkungen. Da Sie hörte auf zu zittern wie ein kleines Reh. steht aber auch nichts. Genauer gesagt, da werden einige griechische Ich streichelte ganz sanft die junge Brust – Vokabeln durch griechische Vokabeln erklärt. Also zurück zum grie- Der Jugendblüte Anflug zeigte ihre Haut – Betastend ihren schönen Körper rührte ich ans Haar. Solch Streicheln brachte mich um meine Kraft. Petting? – Mißbraucht? – Er ist nicht in sie gedrungen, das ist alles.
Natürlich weiß ich, was mentula heißt, ich weiß es von Martial. Ich Was Max Treu im Detail von dieser Liebeshandlung hält, schreibt er möchte es aber von Treu wissen. Das ist nämlich der Schwanz, der die- wohl in der Nummer 119 des Rheinischen Museum von 1976 auf den sem Graezisten nicht über die Lippen geht. Archilochos sagt µ κης, Seiten 97ff. in seinem Artikel Archilochos und die Schwestern, auf den der Pilz. Treu erklärt hinten: µ κης = τ er in seiner zweisprachigen Ausgabe zwar verweist, dessen Gedanken- muß ich mir aus dem griechischen Lexikon holen, wie auch den Pilz, gang er uns aber im Kommentar vorenthält.
der ja in diesem Zusammenhang immerhin eine übersetzenswerteMetapher wäre. Grob deutsch hätte man also übersetzen können: Jedenfalls bin ich jetzt glücklicher Besitzer dieser – vollständigen!? – aber gebrochen sind mir die Sehnen meines Pilzes Ausgabe, und ich begebe mich weiter auf die Spur der Nachtigall, zu Treu zieht die achte Epode des Horaz zum Vergleich heran, die – laut der mich Ed Sanders verlockt, die weder bei Marg noch bei Fränkel Heinze – in »archilochischen Farben« das Bild der alten Vettel zeich- arnfrid astel, archilochos… (erster teil) ne: »bes. v. 17 nervi rigent«. Die finstere Anmerkung zu unserem Frag- Weshalb diese Akribie, weshalb diese »Stellen«? Wir sind auf Nachti- ment 34 D. verbirgt noch ein anderes Bruchstück des Archilochos, das gallsuche. Ich will es kurz machen. Ich habe sie nicht gefunden. Ich im Textteil gar nicht erst auftaucht: 171 Bgk. (Bergk): habe diese ganze zweisprachige Archilochos-Ausgabe durchstudiert und keine Nachtigall gefunden. Der Schluß lag nahe, die Nachtigall bei Das meine »viell. Ähnliches«, raunt Treu. Also wir, stolze Besitzer Archilochos ist eine Erfindung von Ed Sanders. Als Wolfgang Mohr- einer zweisprachigen Archilochos-Ausgabe, greifen erneut zum grie- henn nach New York flog und in Woodstock auch Ed Sanders besu- chen wollte, bat ich ihn, meinen Verdacht auszurichten, meinen Ver- dacht, meine Deutung der Nachtigall und meinen Dank, mich auf die- »Brunst« und »Erschlaffung« erneut im Bruchstück (»some scattered se falsche, aber in ihren Studien so ergiebige Spur gebracht zu haben.
Wolfgang Mohrhenn kam zurück mit der Nummer des Fragments, Ed Sanders hatte es ihm in seiner englischen Ausgabe gezeigt: 156 Bgk.
sein Ding, das wie beim Eselhengst (Bergk). Ganz hinten bei Treu gibt es ein »Register der Archilochos- so groß, beim gutgefütterten, Prienischen. fragmente«. In vier Kolumnen vergleicht es synoptisch die Fragmente Wo Treu »Ding« sagt, ist Mißtrauen angebracht. Wir sollten also auch klassischer Zählung nach Diehl, Bergk, Edmonds sowie die Papyrus- hier in den griechischen Text eintauchen: funde mit der französischen Ausgabe von Lasserre-Bonnard. Die drit- te Säule verweist auf denTextteil derAusgabe von Max Treu, die vierte auf die »Erläuterungen«. Ich steche alsomit der Nadel Fragment 156 κ λων ς πλ µηρεν τρυγηφ γ υ.
Bgk., werde auf (309Lss.) verwiesen und finde in der dritten Kolumne Was es mit dem »Ding« oder Unding auf sich hat, schlage ich bei Valen- den Textverweis auf S. 248. Die vierte Säule der Erläuterungen ist auf tin Christian Friedrich Rost in seinem griechisch-deutschen Schulwör- dieser Höhe unterbrochen. Der Textteil der zweisprachigen Archilo- terbuch von 1829 nach: σ θη ist das »männliche Glied«, σ θων chos-Ausgabe von Max Treu endet auf S. 141. Auf S. 248 sind wir tief der »mit starkem männlichen Gliede«. κ λων bedeutet »Brunnen- in den Erläuterungen. Ich lese die Seite durch: kein Schwanz einer schwängel. 2) Beschäler, Hengst; geiler Mensch«.
Nachtigall! Allerdings unten, im letzten Drittel, und dann noch aufS. 249 im ersten wimmelt es von griechischen Vokabeln, die nach Der geile arkadische Esel wiehert auch aus einem verrotteten Papyrus- einem Ist-gleich-Zeichen (=) durch griechische Vokabeln erklärt wer- fund von 1954, den Max Treu auf S. 9 wiedergibt: den. Nach einer solchen Gleichung steht in Klammern: (156 Bgk.).
.(spotte)nd sie dich nannten »Esel des Arkadiers«. (was) die jungen ( ηδ ν, ιδε ς) = γυναικ ς α δ ν heißt »die Schaam, das Schaamglied«.
Zwölf unleserliche Zeilen weiter steht: »als ein Aphroditefreund«.
ηδ νιδε ς ist also das Schaamglied, das Geschlecht der Frau. Wie arnfrid astel, archilochos… (erster teil) dürfen wir uns das vorstellen? Das Schaamglied des Mannes ist die Epaphrodites (Grammatiker in Rom, 1. Jh. n. Chr.) aber sagt, von Nachtigall. Die füttert im Nest, im Schoß der Frau, ihr Junges, das »lechos« (= Bett) »lechainein«, »nach dem Bett begehren«, mit Laut- Schaamglied der Frau. Die Schaamlippen sind der hungrig geöffnete änderung »legainein« abgeleitet; daher sagt Archilochos: »die Frauen Schnabel des Nachtigalljungen. Wir wissen das doch. Wir wissen es (aber sind) legai«, im Sinn von »(sexuell) hemmungslos«. Oft stecken die Leute das Geld, das sie Obolos um Obolos mit vielenMühen gesammelt haben, laut Archilochos einer Hure in den Leib. … Warum verbannt Max Treu solche Textüberlieferung in die Erläute- Aha, die Frau als Sparschwein, die Bauernmoral, wenn schon, dann rungen, warum erläutert er sie nicht? Warum verbirgt er graezistisch, steck ich mein Geld doch lieber in die eigene Hausfrau, porcella, puel- was er auf deutsch sagen, erhellen sollte? Es geschieht aus falscher la, Cypraea, das Muschelgeld, die Porzellanschnecke, Kaurimuschel Scham, aus falschem, weil undialektischem Begriff von der Schamlosig- mit dem Lächeln der Aphrodite, der vagina dentata, das ist ein weites keit. Bevor wir uns seiner schämen, ist die Scham das Schamteil, das Feld, das wäre ein eigener Aufsatz, den ich vielleicht doch lieber nicht »Schaamglied«, das Geschlecht. Prüderie ist schamlos. Das ist eine alte schreibe, da krieg ich viel rein und raus, das behalt ich lieber für mich.
Geschichte, und es ist eine alte Schulgeschichte. Wir werden darauf (Vielleicht kommt ja auch mal jemand auf die Idee, meine Gedichte zu Vor dem Massengrab graezistischer Gleichungen auf den Seiten 248 Der Neid auf die sexuelle Selbstbestimmung der Frau hat den Archilo- und 49 des Erläuterungsteil seiner zweisprachigen Ausgabe hat Max chos mehrfach zur Hurenschelte verleitet, auch elegisch (15 D.): Treu »Indirekt Überliefertes« kommentiert, speziell Frauennachrede Felsigen Eilands Feige, du fütterst zahlreiche Krähen, unter der Klammerüberschrift »(Die Weiber)«. Ich zitiere aus den Sei- nahmst alle Fremdlinge auf, recht so, du Jedermannsfrau. Pasiphile heißt sie, »Jedermannslieb« übersetzt Treu richtig. Ich habe Archilochos nennt (ein solches Weib) »feist« und »gemein«, d. h. der mir erlaubt, sie in eine Frau zu verwandeln.
ganzen Gemeinde willfährig, und »Lohnarbeiterin«, dazu auch noch »Dreckabschaum« – nach Analogie zu »Meeresabschaum« –, und was Wo waren wir stehengeblieben? Am Sammelgrab unübersetzter Gram- es sonst noch an derartigen Bezeichnungen gibt. matikerzitate, aus dem wir unser Nachtigalljunges gefischt hatten. Fet- »Lohnarbeiterin«: die feiste Neobule nennt er so. zen aus »Glossen«, Griechisch durch Griechisch erklärt, von Altphilo- Andre sagen, »Mykloi« bezeichne Leute, die scharf auf Frauen sind, so loge zu Altphilologe. (Wie hieß gleich der lateinisch weitergeflüsterte benannt nach einem Flötenspieler Myklos, der scharf auf Frauen war Herrenwitz? – »sed fracti sunt (mihi) nervi mentulae«): »Außer den und wegen seiner Geilheit von Archilochos verspottet wurde. schon erwähnten sind folgende Einzelwörter durch Grammatiker- (In diesen Zusammenhang gehört Fragment 28 D., Jamben, die ich mir zitate für Archilochos belegt:« 156 Bgk. bin ich nachgestiegen zu selbst zurecht gesetzt habe: »Wie’n Thraker oder Phryger durch die Theodor Bergk: Poetae lyrici Graeci / recensuit / Theodorus Bergk / Flöte (= Strohhalm; Oboe) – / mühsam vorgebeugt saugt sie ihr Bier.«) Editio altera auctior et emendatior / Lipsiae, apud Reichenbachios, arnfrid astel, archilochos… (erster teil) MDCCCLII (Leipzig 1853) / Londini (London), William & Norgate, Aufsatz Der Delphin-Reiter – »Leider ist solches Wissen in unserem David Nutt. Auf Seite 571 steht unter der Nummer 155.(!), in Klam- Denken nicht mehr wirksam; nur in Wörtern verborgen hat es sich erhalten, und die meisten Wörterbücher liefern uns, wenn überhaupt, Hesych.: Αηδ ν ς νε σσ ς κα τ τ ς nur verschämte ›wissenschaftliche‹ Etymologien – symptomatisch für die Art, wie ein überempfindlicher Akademismus dem Leben Infor- coniungunt ηδ ν ς νε σσ ς, contra Valckenaer mation entzieht. Aber vielleicht erwächst der besondere Wert einer Beschäftigung mit der Mythologie gerade aus dieser Situation: sie lei- Hesych(ius) ist Hesychios aus Alexandria, ein griechischer Grammati- tet uns, unsere Wörter, unsere Welt zurück zur Quelle.« (Der Geist in ker des 5. oder 6. Jahrhunderts nach Christus, Verfasser des umfang- den Wassern. Ein Buch zu Ehren des Bewußtseins der Wale und Delphi- reichsten erhaltenen Lexikons, dessen Titel nach der einzigen (ziem- ne zusammengestellt von Joan McIntyre. Verlag 2001 1982; Mind in lich fehlerhaften) Handschrift des 15. Jahrhunderts lautet: Συναγωγ πασ ν λ εων κατ στ ι ε ν.
Rede, die Art des Ausdrucks, der Stil. 2) Redensart, Ausdruck, einzel- McIntyre – »to make the world entire«. – »Wie lange stocherst du nes Wort. 3) Ausspruch, Zeugnis. 4) bei den Grammatikern: veraltetes, eigentlich noch in deinem alten Arschloch rum?«, fragen mich meine seltenes Wort, welches einer Erklärung durch ein bekanntes bedarf.
»Freunde«. Schon viel zu lange – noch lange nicht genug. Denn ich muß an mir gut machen, was das humanistische Gymnasium an mir τ στ ι ε ν, eigentlich Diminuitiv von στ schlecht gemacht hat. Ich habe dort viele Jahre lang kein Griechisch 1) an der Sonnenuhr: der Stift, welcher den Schatten wirft. 2) Buchsta- gelernt. Mein Freund Albrecht Bomhard hat im Griechischunterricht be und überhaupt erste Grundlage; daher στ ι ε α a) Anfangsgründe, unter der Bank Lukian gelesen, weil der auf der Bank nicht vorkam.
Elemente. b) Grundstoffe, Urbestandteile, Elemente der Welt; davon Auf der Bank kam überhaupt nichts vor, was unter die Bank gehört.
στ ι ει ω, die Anfangsgründe lehren, τ στ ι ε ωµα, Element, Weil die Humaniora zur Disziplinierung von Knaben mißbraucht wur- Grundstoff, bei Aristoteles τ στ ι ει µατα, die 12 Zeichen des Tier- den, mußten sie entsexualisiert werden, ad usum delphini. Auf dem Tisch lag der kastrierte Himmel, aber wir durften nicht wissen, daß erkastriert war. Wir gähnten. Kein Delphin weit und breit. Ich besitze Das Lexikon des Hesychios wäre also eine »Versammlung aller alten heute die alte Ausgabe der Göttergespräche von 1790, aus der mein Zeugnisse nach den Grundbegriffen«. Treu nennt nichtmal den Freund heimlich übersetzen mußte. Joh. Christoph Bremer, Prorektor am Fürstlichen Gymnasium zu Quedlinburg, zitiert in seiner VorredeWieland über Lukian: Warum begreifen wir nichts? Darum. »Wer ›bläst / ißt / beschläft‹ Wer bey ihm gähnt, der schnarchte wohl am Busen eigentlich wen? Wer packt wen bei den Eiern? Wer hat die Oberhand? Der Venus selbst, und beim Gesang der Musen. Die Mama oder der Papa oder beide?« – fragt Charles Doria in seinem Der gebrannte Schulmann endet seine Vorrede mit einer melancholi- arnfrid astel, archilochos… (erster teil) schen Bemerkung: »Übrigens halte ich diese Lucianschen Dialogen, Der Konsul Julianos, Präfekt von Ägypten, schrieb fast 400 Jahre nach einiger Stellen gewisser Art ohn erachtet, nicht für unbrauchbar zur den Totengesprächen – 1000 Jahre nach Archilochos – ein Epigramm, Schullektüre. Ein kluger Lehrer – Doch ich schweige, verschiedener das Johann Gottfried Herder aus der Griechischen Anthologie (7,70) Ursachen wegen, hievon lieber ganz und gar.« (H. M. Enzensberger, der kein Griechisch lernen mußte, hat gerade bei Franz Greno eine Wachender Hund der Hölle, verdopple nun alle die Augen Auswahl der Wielandschen Lukianübersetzung herausgebracht.) Deiner Häupter und blick’ achtsamer nun um dich her; Denn Archilochos kommt: hat er mit seinen Jamben Was hat Lukian mit Archilochos zu tun? Er zitiert ihn. Und diesem Aus dem Leben gescheucht Menschen in Todesgewalt, Zitat verdanken wir die Überlieferung eines »bekannten Ausspruchs Wer wird nicht zu entfliehn sich mühn dem Reiche der Schatten, des Archilochos« (Pseudolog. 1,1 – Ist das der »Lügenfreund«? Dort Wenn er mit hönendem Ton furchtbar die Stimme erhebt! stehts aber nicht. Treu schweigt sich aus. Zitiert dafür – unübersetzt – Das hat Tradition. Julianos konnte sich auf ein Epigramm des Diosko- acht griechische Verse, mit denen sich im 9. Jh. n. Chr. Konstantinos rides aus dem 3. vorchristlichen Jahrhundert in Alexandria berufen von Rhodos an seinen Gegner Theodoretos wendet.). Hier Lukian: (AG 7, 351): »Auf die Töchter des Lykambes, die der Dichter Archilo- Auf dich muß ich schon den bekannten Ausspruch des Archilochos chos in seinen Jamben in so erstaunlicher Weise verspottete, daß sie anwenden, daß du eine Zikade am Flügel gepackt hast: wenn du von sich sogar erhängten«. Ich zitiere die Übersetzung von Hermann einem Jambendichter Archilochos gehört hast, der aus Paros stammte: ein sehr freimütiger Mann, der offen zu reden pflegte und kein Beden- Wahrlich,beimGrabhier,demBürgendesEidesderToten,wirTöchter ken hatte, Menschen zu schmähen, mochte er auch noch so sehr die des Lykambes um die böses Gerede sich rankt, kränken, die von der Galle seiner Jamben getroffen werden würden. haben den Eltern und Paros, der steilsten der heiligen Inseln, Er sagte zu einem dieser Leute, der sich abfällig über ihn geäußert hat- und dem Jungfrauentum keinerlei Schande gemacht. te, der Mann habe eine Zikade am Flügel gepackt. Dabei vergleicht Schlimme Beleidigung war es und furchtbare, böse Verleumdung, Archilochos sich selbst mit einer Zikade, die schon von Natur und ohne was auf unser Geschlecht häßlich Archilochos spie. zwingende Veranlassung zum Zirpen aufgelegt, noch lauter ihre Stim- Bei Daimonen und Göttern, auf Straßen nicht, noch in der Hera me ertönen läßt, sobald sie am Flügel gepackt wird. »Und du von großem heiligem Hain kam uns Archilochos nah. einem bösen Dämon besessener Mensch«, meint er, »worauf willst du Wären wir Dirnen gewesen und sündige Mädchen, wie hätte hinaus, wenn du einen redefrohen Dichter, der Anlässe und Themen er sich gerade von uns ehliche Kinder gewünscht? für seine Jamben sucht, gegen dich aufbringst?« Meleagros von Gadara in Palestina, ein Sophist und auch sonst ein Zeit- Archilochos könnte gut auch in den Totengesprächen des Lukian vor- genosse des Lukian – der aus Samosata am Euphrat stammt und etwa kommen. Ich kann ihn mir in der Hadesprominenz als Gesprächspart- 120 bis 185 nach Christi Geburt lebte – Meleagros hat den alten Vor- ner des Kynikers Menippos von Gadara aus dem dritten vorchristli- wurf aufgegriffen und auf den Mißbrauch der Musen-Gabe zuge- arnfrid astel, archilochos… (erster teil) spitzt. Meleagros ist übrigens der Gründer der Griechischen Antholo-gie. (AG 352 Beckby)Traun, bei der Rechten des Hades und bei der Persephone dunklem, unaussprechlichem Bett schwören wir heilig: wir sind Jungfraun noch unten im Grab. Was Archilochos höhnend auf unsre Ehre so oftmal gespritzt, böse Verleumdung nur war’s. Ach, die herrliche Sprache der Verse verwandte er nimmer herrlichen Taten zum Preis, sondern zur Fehde mit Fraun. Sagt, warum kehrtet ihr, Musen, die schmähenden Jamben auf und warum schenktet ihr solch boshaftem Mann eure Huld? Das ist die Frage. Wer ist die Grille, wer ist die Wespe, wer ist die Nach-tigall? (Das beantworte ich – peinlich genau – im 2. Teil dieser Annäherung)

Source: http://zikaden.de/gesondert/archilochos-1.pdf

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