Empfehlung für den betriebsärztlichen Dienst des Ministeriums für Schule und Weiterbildung vom 17.11. 2009 zum Schutz schwange- rer Lehrerinnen und Schülerinnen vor einer Infektion mit dem In- fluenza A/H1N1 Virus
Schwangere Lehrerinnen sind beim beruflichem Umgang mit Kindern,
die an der Neuen Grippe („Schweinegrippe“) vom Typ A/H1N1 erkrankt
sind, grundsätzlich gefährdet. Entsprechendes gilt für schwangere
Schülerinnen beim Besuch von Klassen, in denen Klassen-
kameradinnen und -kameraden erkrankt sind.
Im Rahmen der Gefährdungsanalyse nach § 1 der Verordnung zum
Schutze der Mütter am Arbeitsplatz (MuSchArbV) in Verbindung mit § 2
Mutterschutzgesetz (MuSchG) hat der Arbeitgeber zu prüfen, ob eine
besondere berufliche Gefährdung von werdenden und stillenden Müt-
tern am Arbeitsplatz vorliegt, um die notwendigen Maßnahmen nach §§
3 ff MuSchArbV ergreifen zu können. Das MuSchG enthält keine ent-
sprechenden Regelungen für Schülerinnen.
Derzeitige Gefahrenlage, Infektionsrisiko
Zurzeit ist ein starker Anstieg der Neuerkrankungen zu verzeichnen. In
NRW treten die meisten Erkrankungsfälle bei Jugendlichen und jungen
Erwachsenen auf. Mit einer weiteren Ausbreitung der Infektion muss
Eine Infektion mit dem Influenza A/H1N1 Virus kann während der ge-
samten Schwangerschaft auftreten. Das Robert-Koch-Institut (RKI) sieht
darin für die Betroffenen eine besondere Gefährdungslage. Nach dem
derzeitigen Kenntnisstand tragen Schwangere insbesondere im zweiten
(ab dem 4. Schwangerschaftsmonat) und dritten Trimenon (ab dem 7.
Schwangerschaftsmonat) ein vierfach höheres Risiko für eine Er-
krankung mit besonders schwerem und ggf. lebensbedrohlichem Verlauf
im Vergleich zu nicht schwangeren Frauen. So können insbesondere
Lungenentzündungen und gravierende Atemprobleme auftreten. Dieses
Risiko steigt mit jeder Vorschädigung, z. B. durch eine oder mehrere
chronische Grunderkrankungen, wie Diabetes und Asthma sowie extre-
Die bei einer Infektion einsetzbaren Neuraminidasehemmer Oseltamivir
(Tamiflu ®) und Zanamivir (Relenza ®) sind in ihren Wirkungen und Ne-
benwirkungen bei Schwangeren nicht untersucht. Deshalb werden diese
Medikamente nur bei strenger Indikationsstellung unter Abwägung von
Nutzen und Risiken für die Therapie eingesetzt. Im Übrigen ist ihre
Wirksamkeit von der rechtzeitigen Einnahme abhängig. Einen sicheren
Schutz vor schweren Krankheitsverläufen bieten sie nicht.
Ein Impfstoff gegen den Erreger der Neuen Grippe steht zwischenzeit-
lich zur Verfügung. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt,
Schwangere vorrangig zu impfen. Nach der am 12. Oktober 2009 ver-
öffentlichten Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) sollen
auch Schwangere ab dem zweiten Trimenon vorrangig geimpft werden.
Die Impfung soll im Zweifelsfall nach individueller Nutzen-Risiko-
Abwägung vorgenommen werden. Generell sei der derzeit verfügbare
Impfstoff Pandemrix® (GSK) mit Wirkungsverstärker auch für Schwan-
Weiter rät die STIKO, Schwangere bis zum Vorliegen weiterer wissen-
schaftlicher Daten mit einem nicht-adjuvantierten Spaltimpfstoff zu imp-
fen, falls ein solcher Impfstoff zur Verfügung steht.
Schlussfolgerungen aus Sicht des Arbeitsschutzes
Nach dem Mutterschutzgesetz muss der Arbeitgeber Schutzmaß-
nahmen ergreifen, wenn Schwangere an ihrem Arbeitsplatz Krankheits-
erregern ausgesetzt sind und einem erhöhten Infektionsrisiko gegen-
überstehen. Mit einer erhöhten Gefährdung Schwangerer ist in Schulen
zu rechnen. Dies ergibt sich zum einen durch den teilweise engen Kon-
takt zu Schülerinnen und Schülern (z.B. im Sportunterricht), zum
anderen aus der Gesamtzahl der berufstäglichen Kontakte, die ebenfalls
deutlich höher liegen als bei einer Vielzahl anderer Berufe. Im Einzelfall
können organisatorische Maßnahmen zum Schutz vor Infektionen
effektiv sein. So kann die Beschäftigung z.B. in einem abgesonderten
Bürobereich ohne Schülerkontakt erfolgen. Konsequente Hygienemaß-
nahmen müssen eingehalten werden. Das Tragen einer persönlichen
Schutzausrüstung wie einer Atemschutzmaske ist hingegen nicht nur
belastend für die Betroffenen, sondern in der Schule auch praxisfremd
und nicht umsetzbar. Zum Verfahren gelten grundsätzlich die Vorgaben
"Mutterschutz bei schwangeren Lehrerinnen – Hinweise und Hand- lungsempfehlungen für den Infektionsschutz" des Ministeriums für Schule und Weiterbildung vom November 2007
(http://www.schulministerium.nrw.de/BAD2/Handlungsempfehlungen/Em
Zum Schutz vor einer Infektion mit dem Influenza A/H1N1 Virus werden
1. Schwangere Lehrerinnen sollen Kontakt zu ihrem betriebsärztlichen
Dienst aufnehmen, um sich beraten zu lassen.
2. Die Impfung ist die wirksamste Schutzmaßnahme sowohl für die
Schwangere als auch für Ihr ungeborenes Kind. Nach einer individu-
ellen Nutzen-Risikoabwägung, insbesondere bei schwangeren Leh-
rerinnen, bei denen gleichzeitig Grundkrankheiten vorliegen oder die
intensiven und körpernahen Kontakt zu Kindern haben (z.B. Sport-
unterricht), soll eine Impfung mit Pandemrix® in Erwägung gezogen
werden. Sobald ein nicht-adjuvantierter Spaltimpfstoff zur Verfügung
steht, soll diese Impfung allen schwangeren Lehrerinnen als prioritä-
3. Wenn ein Erkrankungsfall an der Neuen Influenza in einer der Klas-
sen der schwangeren Lehrerin auftritt, ist im Rahmen der Ge-
fährdungsanalyse in jedem Einzelfall zu prüfen, ob eine Impfung
möglich ist. Nach der Impfung soll die schwangere Lehrerin für
wenigstens zwei Wochen, am besten für drei Wochen (bis ein
Immunschutz aufgebaut wird), in einen Arbeitsbereich möglichst
ohne Kinderkontakt – in jedem Fall ohne Kontakt zu Klassen, in
denen sich ein erkranktes Kind befindet - umgesetzt werden. Falls
eine Impfung nicht möglich ist, sollte geprüft werden, ob eine Be-
schäftigung in Arbeitsbereichen wieder ohne Kinderkontakte – wie
vor - möglich und zumutbar ist. Als alternative Tätigkeitsfelder
kommen z.B. die Erfüllung administrativer Tätigkeiten, Tätigkeiten in
abgetrennten Räumen, vorübergehende Abordnung an die Schul-
aufsicht oder an eine andere Schule oder die Erledigung von
4. Kommt eine Umsetzung in alternative Arbeitsbereiche nach Nr. 3
nicht in Betracht, dann besteht ein befristetes Beschäftigungsverbot.
Ein Beschäftigungsverbot ist immer die letzte Schutzmaßnahme.
Die Reihenfolge der oben beschriebenen Schutzmaßnahmen ent-
spricht § 3 der Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz
Zu beachten ist, dass Erwachsene bereits einen Tag vor Symptom-
beginn und bis zu sieben Tage danach infektiös sind. Kinder bis 14
Jahre scheiden das Virus einen Tag vor dem Symptombeginn aus
und bleiben bis zu 10 Tage danach ansteckend. Somit dürfen
Schwangere erst am 11. Tag nach dem letzten Erkrankungsfall in ih-
ren Klassen wieder in die Schule zurückkehren.
Schutzmaßnahmen für schwangere Schülerinnen
Schwangere Schülerinnen, die nicht in einem Arbeitsverhältnis stehen,
unterliegen nicht den Vorgaben des Mutterschutzgesetzes. Ihnen wird
die Kontaktaufnahme mit der behandelnden Hausärztin, dem be-
handelnden Hausarzt, einer Frauenärztin, einem Frauenarzt oder dem
Gesundheitsamt mit dem Ziel einer eingehenden Beratung und Impfung
ausdrücklich empfohlen. Es wird dringend angeraten, die Schulklasse
nicht mehr zu besuchen, wenn dort ein Erkrankungsfall aufgetreten ist.
Die Rückkehr in die Klasse sollte erst dann wieder erfolgen, wenn der
letzte Erkrankungsfall 10 Tage zurückliegt. Versäumt eine schwangere
Schülerin aus diesem Grund einen Leistungsnachweis oder eine Prü-
fung, kann dies nach den schulrechtlichen Vorschriften nachgeholt wer-
Diese Empfehlung ist mit dem Ministerium für Schule und Weiterbildung
des Landes Nordrhein-Westfalen (MSW) abgestimmt und basiert auf
dem Kenntnisstand vom 17.11.2009 und wird ggf. auf Grund aktueller
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