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Interpellation Büeler-Flawil vom 26. September 2005 (Wortlaut anschliessend)
Vogelgrippe-Vorsorge für Kanton St.Gallen
Schriftliche Antwort der Regierung vom 8. November 2005
Bosco Büeler-Flawil weist in seiner Interpellation vom 26. September 2005 darauf hin, dass durch die bevorstehenden Vogelzüge die Gefahr der weltweiten Verbreitung der Vogelgrippe erhöht wird und zu befürchten ist, dass Europa auch betroffen werden kann. Er erkundigt sich, wie die Regierung die Lage einschätzt, welche Vorkehrungen schon getroffen worden sind und wer im Kanton dafür zuständig ist.
Die aviäre Influenza H5N1 auch Vogelgrippe oder Geflügelpest genannt ist eine Tierseu-che, die bei Vögeln, insbesondere bei Hühnern und Wasservögeln, gefunden wird. Mitte De-zember 2003 wurde bekannt, dass in Südkorea eine hochansteckende Form der aviären In-fluenza in Geflügelbeständen ausgebrochen ist. Seither kam es in mehreren Ländern im asiati-schen Raum, seit wenigen Wochen auch Länder in Europa zu Ausbrüchen der Vogelgrippe. Man nimmt an, dass dieses Virus durch Vogelzüge nach Europa (Russland, Türkei, Rumänien) gekommen ist. Aus der Türkei und aus Rumänien finden keine Vogelzüge in unser Land statt, dagegen sind solche aus Russland bekannt.
In den betroffenen asiatischen Regionen leben 2 Mia. Menschen, davon erkrankten 122 in den letzten drei Jahren an der Vogelgrippe (Stand 1. November 2005). Von diesen wiederum ist die Hälfte verstorben (62). Die Infektion eines Menschen setzt einen engen Kontakt mit infi-ziertem Geflügel oder deren Ausscheidungen voraus. In keinem dieser Fälle kam es in der Folge zu gesicherten Übertragungen auf weitere Personen, also von Mensch zu Mensch.
Von der Vogelgrippe zu trennen ist eine Pandemie, die durch ein bis jetzt noch nicht vorhande-nes menschliches Grippevirus von Mensch zu Mensch übertragen werden kann. Möglich wäre es, dass sich das Vogelgrippevirus mit einem menschlichen Grippevirus kreuzt. Daraus könnte ein neues, hochansteckendes und hochpathogenes Virus mit nachfolgender Pandemie entste-hen. In einem solchen Fall werden nach Berechnungen und Erfahrungen der Spanischen Grippe im Jahr 1918 rund 25 Prozent der Bevölkerung erkranken. Deshalb hat das Bundesamt für Landesversorgung die Lagerhaltung von Tamiflu®, einem Medikament, das höchst wahr-scheinlich gegen den nächsten, derzeit aber noch unbekannten Grippevirus wirken soll, ange-ordnet. Bis Ende des laufenden Jahres wird das Ziel, 25 Prozent der Bevölkerung damit be-handeln zu können, erreicht sein.
Nach der eidgenössischer Influenza-Pandemieverordnung wird eine vom Departement des In-neren eingesetzte Expertengruppe regelmässig Empfehlungen für Massnahmen bei einer Pan-demie herausgegeben. Darin enthalten sind aktuelle Standortbestimmungen bezüglich Über-wachung, Prävention und Bekämpfung der Influenza in der Schweiz, Empfehlungen für die In-formation der Bevölkerung sowie Empfehlungen für Massnahmen zur Versorgung der Bevölke-rung mit Influenza-Impfstoffen. Ein Impfstoff ist derzeit noch nicht vorhanden, weil das Virus noch unbekannt ist.
Die Regierung beantwortet die einzelnen Fragen wie folgt:
1. Die Regierung teilt die Einschätzung, dass die Vogelgrippe, eine weltweite Tier-Seuche,
auch auf unsere Region übergreifen kann und für die Tierwelt, insbesondere für Geflügel eine Gefahr sein kann. Dass daraus aber eine menschliche Pandemie entstehen wird, ist gemäss Fachleuten zurzeit nicht wahrscheinlich. Die Möglichkeit kann aber nicht gänz-lich ausgeschlossen werden.
2. Soweit es um die Bekämpfung der klassischen Geflügelpest geht, die durch den Influenza-
typ H5N1 beim Nutzgeflügel ausgelöst werden kann, ist das kantonale Veterinäramt für die Bekämpfung und die damit verbundene Information der Tierhalter zuständig. Für akziden-telle Infektionen von Tierhalterinnen und Tierhaltern bei Ausbruch der Seuche in Geflügel-betrieben und für den Fall einer möglichen Pandemie sind alle betroffenen Stellen des Ge-sundheitswesens in der Verantwortung. Bei einer Pandemie wird der Bundesrat für das ganze Land oder für einzelne Landesteile die notwendigen Massnahmen anordnen. Im Kanton ist das Gesundheitsdepartement für die Umsetzung der Massnahmen verantwort-lich. Mit der Leitung der Massnahmen ist der Kantonsarzt beauftragt. Er wird durch die Kantonale Fachkommission Infektion und Hygiene unterstützt. Die Gesamtverantwortung für die Vorbereitung und Bewältigung liegt bei der Regierung. Ihr zur Verfügung steht der Kantonale Führungsstab. Dieser ist mit Teilen bereits jetzt in die Vorbereitungsarbeiten in-volviert.
3. Die Zusammenarbeit zwischen den Bundesämtern für Gesundheit und Veterinärwesen und
den zuständigen Stellen des Kantons ist gut und eng. Die Bundesstellen informieren lau-fend über die neusten Entwicklungen. Mit den Nachbarländern erfolgt der Informations-austausch auf Bundesebene. Der Kanton St.Gallen steht in engem Kontakt mit den Nach-barkantonen, insbesondere mit dem Kanton Thurgau und den Kantonen Appenzell A.Rh. und Appenzell I.Rh. Eine direkte Zusammenarbeit und einen Informationsaustausch erfolgt auch mit dem Fürstentum Liechtenstein und dem Bundesland Vorarlberg. Kantonsintern erhalten die Gemeinden regelmässig Informationen von den kantonalen Stellen.
4. Zur Vorbeugung einer Infektion des einheimischen Geflügels durch Zugvögel hat der
Bundesrat die Freilandhaltung zwischen dem 25. Oktober und dem 15. Dezember 2005 verboten. Für den Vollzug dieser Verordnung ist das kantonale Veterinäramt zuständig. Eine Impfung für Tiere ist derzeit weder möglich noch zugelassen.
Das Bundesamt für Gesundheit hat am 10. Oktober 2005 «Provisorische Empfehlungen bei einem Verdachtsfall von aviärer Influenza H5N1» herausgegeben, publiziert im BAG-Bulletin 41 S. 728 ff. Diese Empfehlungen haben im Kanton St.Gallen Gültigkeit. Jede Per-son, welche die Kriterien für Verdacht auf aviäre Influenza H5N1 erfüllt, wird nach Rück-sprache mit dem infektiologischen Dienst des Kantonsspitals in ein designiertes Spital überwiesen, abgeklärt und behandelt. Als designierte Spitäler im Kanton St.Gallen wurden das Kantonsspital St.Gallen und für Kinder das Ostschweizer Kinderspital bezeichnet. Alle Akutspitäler sowie alle praktizierenden Ärztinnen und Ärzte haben vom Kantonsarzt ein entsprechendes Schreiben Mitte Oktober 2005 erhalten. Die Spitäler wurden angewiesen, für diese Fälle einen Vorrat an Tamiflu® und an geeigneten Schutzmasken an Lager zu halten.
Wöchentlich findet unter der Leitung des Gesundheitsdepartementes eine Sitzung mit Ver-tretungen der involvierten Ämter und Fachstellen des Kantons statt. Dabei werden die Situation laufend beurteilt und notwendige Vorbereitungsmassnahmen besprochen. Die Ergebnisse dieser wöchentlichen Sitzung werden den Nachbarkantonen wie auch den zu-ständigen Stellen im Fürstentum Liechtenstein und in Vorarlberg mitgeteilt.
5. Bei der aviären Influenza handelt es sich um eine Tierseuche. In ganz wenigen Fällen hat
das Virus auch den Menschen befallen. In den unter Ziff. 4 dieser Antwort erwähnten
Empfehlungen des Bundesamtes für Gesundheit wird klar geregelt, welche Patientinnen und Patienten eine Behandlung und welche eine Prophylaxe benötigen.
In einem Pandemiefall wird das gesamte Personal mit Patientenkontakt in den Spitälern, in Alters- und Pflegeheimen, in den Arztpraxen und in allen Spitexorganisationen prophylak-tisch Tamiflu® erhalten. Es ist vorgesehen, dass die Arztpraxen und die Spitex über die herkömmlichen Vertriebskanäle, die Spitäler und die Alters- und Pflegeheime über die Kantonsapotheke oder über andere Apotheken das Tamiflu® für Patientinnen und Patien-ten beziehen können. Zurzeit werden vom Kantonsapotheker und vom Kantonsarzt die notwendigen Abklärungen und Vorbereitungen (Distributionsplan, Abgabemodalitäten, Er-fassung der Anzahl usw.) getroffen.
Der infektiologische Dienst am Kantonsspital St.Gallen ist Auskunfts- und Beratungsstelle für Ärztinnen und Ärzte. Der Leiter dieses Dienstes hat zum Thema «Vogelgrippe» auch im Rahmen der öffentlichen Vorträge des Kantonsspitals St.Gallen referiert. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat eine Hotline (Tel 031 322 21 00) eingerichtet. Diese steht der gesamten Bevölkerung zur Verfügung. Viele Informationen zur Vogelgrippe stehen auf der BAG-Internet-Weitere Anlauf-stellen sind derzeit nicht geplant. Zur Verbreitung von Mitteilungen werden jene Informati-onsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, die für ausserordentliche Lagen geplant und vor-gesehen sind.
Interpellation Büeler-Flawil: «Vogelgrippe Vorsorge für Kanton St.Gallen
Die Vogelgrippe ist weiter aus dem Osten nach dem Westen in Vormarsch. Dieser Virus H5N1 hat den Ansteckungsweg über Vögel überschritten und befällt nun auch Menschen. Laut Ex-perten könnte der Virus auch die Fähigkeit entwickeln, sich von Mensch zu Mensch zu ver-breiten. In einigen Ländern sind bereits Menschenleben zu beklagen. Die Behörden in diesen Ländern versuchen mit Massentötungen von Hühnern und/oder mit Impfungen die Seuchen-gefahr zu reduzieren.
Die bevorstehenden Vogelzüge im Herbst und Frühling erhöhen die Gefahr der weltweiten Verbreitung sehr. Es ist zu befürchten, dass Europa in den nächsten Monaten auch betroffen werden kann.
Die Regierung des Kantons St.Gallen wird gebeten, folgende Fragen zu beantworten:
1. Teilt die Regierung die Einschätzung dieser weltweiten Seuche, als ernsthafte Gefahr für
2. Wer ist im Kanton für die Bewältigung dieses Problems zuständig und federführend bei der
Information der Bevölkerung und einer allfälligen Bekämpfung?
3. Wie ist die Zusammenarbeit mit den Bundesbehörden und eventuell mit den Nachbarlän-
4. Sind bereits vorsorgliche Massnahmen getroffen oder angeordnet worden und welcher Art
sind diese? (Impfungen von Tieren ev. Menschen, Medikamente für Menschen etc.)
5. Wie würde die Abgabe von Medikamenten an die Bevölkerung geregelt? Sind Auskunfts-
stellen geplant, um rasch handeln zu können?»
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