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Hans Hopf
Ein Medikament ist nur im Notfall sinnvoll
Der Zappel-Philipp ist zum Massenphänomen geworden. Vor einem inflationären Gebrauch der Diagnose "Hyperkinetisches Syndrom" (HKS) hat jetzt der analytische Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeut Dr. Hans Hopf gewarnt. Er ist der Ansicht, dass HKS in den seltensten Fällen durch neurochemische Prozesse oder genetische Faktoren ausgelöst wird, sondern Ergebnis einer psychosomatischen Störung ist, die besser mit einer Psychotherapie behandelt werden sollte. Mit Hopf FR: Herr Dr. Hopf, die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marion Caspers- Merk, hat vor dem dramatischen Anstieg der Verschreibung der Betäubungsmittel Ritalin und Medikinet (Methylphenidat) an Kinder gewarnt. Seit 1994 hat sich der Verbrauch in Deutschland verzehnfacht. Vor 100 Jahren war der Zappel-Philipp eine seltene Ausnahme, heute sollen vom so genannten Hyperkinetischen Syndrom (HKS) und dem Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom (ADS) zwischen fünf und 20 Prozent der Kinder betroffen sein. Wie schätzen Sie die Situation ein? Hans Hopf: Tatsächlich trifft diese Diagnose auch heute nur in eher seltenen Fällen zu. Das Hyperkinetische Syndrom wird laut Fachbüchern bei ein bis drei Prozent der Kinder festgestellt, davon sind allerdings etwa 80 Prozent Jungen. Leider wird die Diagnose ADS oder Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom inzwischen geradezu inflationär gebraucht. Fast jeder Junge zwischen sechs und zehn Jahren, der mir in den vergangenen Jahren wegen Unruhe und sozialen Problemen vorgestellt wurde, trug dieses Etikett. Da kann natürlich etwas nicht mehr stimmen. Die Diagnose wird oft unverantwortlich und ohne ausreichende Untersuchungen erteilt, jede Form von Unruhe bekommt rasch den Stempel ADS. Das ist so, als wäre jede Angst im Kindesalter schon eine Angstneurose. Ein Medikament wie Ritalin dürfte zudem nur verschrieben werden, wenn gleichzeitig eine Psychotherapie stattfindet. Das ist aber leider eher selten der Fall. Das bei uns ADS/HKS genannte Krankheitsbild der mangelnden Aufmerksamkeit und Hyperaktivität (Attention Deficit Hyperactivity Disorder, ADHD) ist 1987 durch die US-Psychiatrievereinigung (American Psychiatric Association) geschaffen worden. Heute nehmen in den USA nach Schätzungen allein rund sechs bis acht Millionen Kinder Ritalin, hinzu kommen weitere Psychodrogen wie der Stimmungsaufheller Prozac. Ist das eine Entwicklung, die bei uns auch droht? Diese Entwicklung hat bei uns längst eingesetzt. Mit Erschrecken beobachte ich, wie Pädagogen, Therapeuten und Ärzte teilweise mit unruhigen Kindern umgehen. Eine Diagnose legt die therapeutische Richtung fest, über aktuelle, seelische oder gesellschaftliche Ursachen darf dann nicht mehr nachgedacht werden, und das Mittel der Wahl für das sogenannte ADS-Kind ist Ritalin. Es wird nicht mehr differenziert untersucht und betrachtet. Wir haben ja gerade einen Medikamentenskandal um Lipobay, ein Mittel, das bei vernünftiger Lebensführung nur von sehr wenigen Patienten benötigt würde. Wie sehen denn bei Ritalin die Nebenwirkungen aus? Ritalin gehört zu den so genannten Stimulanzien und unterliegt somit der Betäubungsmittelverordnung, die Nebenwirkungen sind bekannt. Die bisherigen Untersuchungen haben keine Suchtgefahr erkennen lassen; ich bin hier zumindest skeptisch. Allerdings wurden mittlerweile in anderen Untersuchungen negative Vor 50 Jahren konnten Kinder noch ungefährdet draußen spielen und sich dabei austoben. Wird der natürliche Bewegungsdrang der Kinder in unserer modernen Welt nicht sehr beschränkt und sucht sich dann das falsche Ventil? Wir leben in einer Zeit, die ein Syndrom wie ADS geradezu erzeugt. Wir sind alle Teil einer gehetzten Tempogesellschaft, die Zeit von Kindern ist rundum verplant. Bei stundenlangem Hocken vor dem Fernseher oder dem Computer kann natürlich Bewegung nicht stattfinden, andererseits werden ständig Reize aufgenommen, die nicht zur motorischen Entladung kommen können. Die autoritären Strukturen der Elternhäuser haben sich nach den 60er Jahren aufgelöst, es ist aber noch nichts Neues an diese Stelle getreten. Kinder wachsen häufig in einem emotionalen und erzieherischen Vakuum auf. Sobald sie im Vorschulalter auf die Gruppe im Kindergarten oder der Schule treffen, sind nicht selten Unruhe und Desorientierung Würden Sie denn dafür plädieren, zu einer altertümlichen Form der Pädagogik des "liebevoll Förderns und Forderns" zurückzukehren? Diesen Gegenpol benötigen wir immer. Die Freiheit braucht gleichzeitig die Begrenzung, die Großzügigkeit braucht die Ordnung. Eltern müssen in der Erziehung immer Grenzen setzen. Bedürfnisse wie Essen, Trinken, nach Nähe und Liebe, die müssen befriedigt werden. Aber über Wünsche sollte diskutiert und nachgedacht werden. Heute geschieht es leider häufig andersherum, die finanziellen und Konsum-Wünsche werden befriedigt, aber nicht die emotionalen. Von den Kindern wird heute in der Schule sehr viel Leistung erwartet. Die Eltern der Höchstleistungsgesellschaft beraten nicht mehr ob, sondern in welches Gymnasium das Kind gehen soll. Entsteht da nicht auch häufig eine Überforderung, weil nicht mehr auf das tatsächliche Leistungsvermögen Rücksicht Ja, häufig entsteht eine permanente Überforderung bei gleichzeitiger Unterforderung in anderen Bereichen. Diese Schere klafft immer weiter auseinander. Was würden Sie denn Eltern empfehlen, deren Kind an der Die Diagnose hat leider dazu geführt, dass jede Unruhe von Kindern nur noch als rein medizinisches Problem gesehen wird. Nicht mehr in Frage gestellt wird dann leider, was möglicherweise in der Beziehung zwischen Eltern und Kind problematisch ist. Es soll keineswegs um Vorwürfe oder Kritik an den Eltern gehen, sondern darum, gemeinsam neue Beziehungen zu entwickeln. Ich würde den Eltern empfehlen, sich an eine psychologische Beratungsstelle, an einen Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten oder einen Kinder- und Jugend- Psychiater zu wenden und zu beraten, welche Möglichkeiten es gibt. Ein Medikament sollte nur für Notfälle bereitgehalten werden, um überhaupt in die Therapie einzusteigen und sie durchführen zu können. Was machen denn Eltern, die an einen Psychiater geraten, der Psychopillen als die Wunderwaffe schlechthin anpreist und annimmt, das alles hänge mit Stoffwechselstörungen im Hirn zusammen? Das ist gewiss zunächst eine Entlastung für Eltern, aber viele sind langfristig mit einer solchen Diagnose unglücklich und unzufrieden und fragen, was sie selbst beitragen können, damit das Kind seine Probleme verliert. Ein Medikament allein Vor allem sind die Jungen betroffen. Jungen tragen ihre Konflikte immer stärker nach außen und führen sie motorisch ab; Mädchen verarbeiten sie eher innen. Es sind nicht selten jene Jungen betroffen, denen der Vater fehlt, direkt oder emotional. Wichtig ist, dass die Mutter nach einer Trennung ihrem Kind ermöglicht - auch wenn das für sie sicher oft sehr schwer ist -, ungestörten und nicht negativ belasteten Umgang mit dem Vater zu haben. Das Kind lebt ja genau wie die Mutter mit einem inneren Vorwurf, wenn der Vater die Familie verlassen hat. Wie können sich Eltern engagieren, um mit ihrem Kind in die Normalität Wenn sich die Konflikte in der Familie oder Schule zugespitzt haben, wird man an einer Psychotherapie nicht vorbeikommen. Im Alltag sollten sich Eltern wieder auf jene Dinge zurückbesinnen, die für ein Kind wichtig sind: Sport, Bewegung, Freude an gemeinsamen Unternehmungen, Beschäftigung mit anregenden Themen, Interesse zeigen an den Dingen, mit denen sich das Kind beschäftigt, Nachfragen, aber auch Anforderungen an ein Kind stellen. Aber auch das Aushalten von Frustrationen, dass nicht jeder Wunsch des Kindes sofort erfüllbar ist, muss wieder gelernt werden. Eine glückliche Kindheit entsteht nicht dadurch, dass alle

Source: http://www.ads-kritik.de/Hopf.pdf

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The British Journal of Psychiatry (2013)202, 347–351. doi: 10.1192/bjp.bp.112.115931Maternal depression, antidepressant usein pregnancy and Apgar scores in infantsHans Mørch Jensen, Randi Grøn, Øjvind Lidegaard, Lars Henning Pedersen,Per Kragh Andersen and Lars Vedel KessingBackgroundUse of antidepressants during pregnancy has beenantidepressants (OR = 0.53, 95% CI 0.19–1.45). Maternala

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